Lübecker Bucht: Bergung von Weltkriegs-Munition beginnt in vier Wochen

 
 
 

Lübecker Bucht: Bergung von Weltkriegs-Munition beginnt in vier Wochen

Schleswig-Holstein: Die Bergung der Munitions-Altlasten in der Lübecker Bucht war Thema einer gut besuchten Informationsveranstaltung in der Jacob-Lienau-Schule in Neustadt in Holstein. Das Podium war prominent besetzt mit Sebastian Unger, dem Meeresbeauftragten der Bundesregierung und dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Tobias Goldschmidt.

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Im Publikum wurden neben Landrat Timo Gaarz und Kreispräsidentin Petra Kirner viele Ostholsteiner Bürger gesehen. Darunter auch Gaby Jungk von den Grünen, die sich seit Jahren vehement für das Bergungsprojekt eingesetzt hatte. Jahrelang ging allerdings nichts voran. Das Problem wurde anerkannt, aber in der Sache passierte einfach zu wenig.

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Gerade noch rechtzeitig nahm die Diskussion dann aber Fahrt auf, denn das Zeitfenster für die Bergung schließt sich langsam. Wenn noch länger gewartet wird, zerbröselt die Munition und verseucht die Meere. Technische Lösungen wurden dann aber projektiert, die eine Bergung der Weltkriegsmunition plötzlich realistisch werden ließen. Und auch die Regierung hat mitgezogen: 100 Millionen Euro wurden eingestellt, um das Generationenprojekt in Gange kommen zu lassen und viele im Saal waren einfach nur glücklich, dass die ersten Schritte bereits ab 15. Juli 2024, also in vier Wochen, erfolgen sollen.

Wolfgang Sichermann von der Firma Seascape, der Projektkoordinatorin für Auftragsvergabe und Abwicklung, stellte anschließend die wichtigsten Bergungsschritte vor.

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Wolfgang Sichermann von der Firma Seascape stellte die wichtigsten Bergungsschritte vor.

Bei diesen Größenordnungen muss man sich natürlich an die Bergung herantasten, und sichtbar wird die Unternehmung zunächst in Haffkrug in etwa zwei Kilometer Entfernung vom Strand. Dort lagern Munitionskisten, deren Bergung von den Fachleuten als relativ unproblematisch angesehen wird. Ein Sondierschiff wird den Bergungsort zunächst noch einmal genau vermessen, bevor dann ein Räumschiff die Munition aufnehmen und nach Neustadt bringen wird. Die etwa 50 Tonnen Munition werden dann nach Munster in eine Spezial-Verbrennungsanlage verbracht. Man rechnet mit etwa zehn Lastwagen-Ladungen, die nachts mit Begleitung über die Autobahn geschickt werden müssen.

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Die Scharbeutzer Bürgermeisterin Bettina Schäfer im Gespräch mit Profossor Jens Greinert vom Geomar Kiel.

Diese Transportkette gilt aber nur für die Anfangsphase des Projektes. Mit Hochdruck wird an einer High-Tech Anlage entwickelt, die später die Neutralisierung der richtig gefährlichen Sprengkörper gleich auf See abwickeln soll. Das ist Neuland und man ist dabei, die Auftragsvergabe so zu gestalten, dass man einen Partner findet, der dieses technische Neuland überhaupt betreten kann. Der Bau der Plattform ist daher noch nicht beauftragt, aber es ist sicher, dass sie kommt. Es wird weltweit die erste Anlage dieser Art sein.

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Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt

Die anschließende Fragerunde verlief nach dem Eindruck aller Beteiligten in ausgesprochen sachlicher und angenehmer Atmosphäre. Dabei wurde auch deutlich, wie intensiv sich die Bürger im Laufe der Jahre mit der Bergungsproblematik auseinandergesetzt hatten. Die Frage nach Sicherheitskonzepten tauchte immer wieder auf, falls doch, entgegen bisherigen Erkenntnissen, chemische Kampfstoffe dort lagern und in die Umwelt gelangen sollten. Die würden bereits unter Wasser in Spezialcontainer verpackt, hieß es dazu.

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Sebastian Unger, Meeresbeauftragter vom Bund.

Schwimmer, Segler, Surfer aller Art und SUP-Fahrer hatten Fragen nach Sicherheitsabständen. Die werden natürlich markiert. Auch die in Neustadt stationierten Marinetaucher wollten das wissen. Falls es zu einer Explosion kommt, wären sie enorm gefährdet. Welche Aufgaben ergeben sich durch die Zwischenlagerung in Neustadt für die dortige Feuerwehr, war ebenfalls eine naheliegende Frage.

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Gaby Jungk freut sich, dass es nach jahrelangem Kampf endlich losgeht.

All das wird auf die Hörner genommen, wurde mehrfach versprochen und die Erklärungen dazu erschienen den Bürgern plausibel. Die Grundstimmung im Saal für das Projekt war daher ausgesprochen positiv. Alle sind froh, dass die ersten 50 Tonnen von insgesamt 1,6 Millionen Tonnen Kriegsmunition in Nord- und Ostsee als Pilotprojekt in der Lübecker Bucht geborgen werden. Das ist natürlich eine riesige Aufgabe, aber hier in der Lübecker Bucht vor Haffkrug und Scharbeutz erfolgt der erste kleine Schritt, mit dem bekanntlich alle großen Unternehmungen beginnen. Und wenn die Plattform für die Verarbeitung direkt auf See erst einmal entwickelt ist, wird sie mit Sicherheit zum Exportschlager für unsere Werften, sind die Fachleute sich sicher. Das ist natürlich eine zweischneidige Sache, da zunächst einmal Kriegsherren aller Art die Gewässer mit Munition verseuchen müssen, bevor die Plattform sie wieder rausholt. Kriege gibt es aber leider genug, so dass die Anmerkung mit den künftigen Exportchancen wohl leider ihre Berechtigung hat.

Unter großem Interesse der Bürger wurde in Neustadt im Kreis Ostholstein die in Kürze startende Bergung von Weltkriegs-Munition aus der Ostsee vorgestellt. Fotos: Harald Denckmann, Karte: BMUV/Seascape

Unter großem Interesse der Bürger wurde in Neustadt im Kreis Ostholstein die in Kürze startende Bergung von Weltkriegs-Munition aus der Ostsee vorgestellt. Fotos: Harald Denckmann, Karte: BMUV/Seascape