Schleswig-Holstein: Dauerregen spült unser Land weg

In Grömitz muss der weggespülte Sand am Strand neu aufgeschüttet werden. In Ahrenshoop (Mecklenburg-Vorpommern) stürzte am Wochenende ein Bunker ab. Und im Inland sorgte Oberflächenwasser für rutschende Hänge: so vorige Woche am sogenannten Butterberg in Lauenburg.

Land soll sich engagieren
„Solche Ereignisse haben zugenommen“, stellt Michael Strümpell, erster Stellvertreter des Bürgermeisters von Niendorf, fest. Die Abbrüche einfach nur hinzunehmen, könne daher nicht länger die Lösung sein. „Wir haben neulich noch darüber gesprochen, wie man es geregelt bekommt.“ Die Steilküste brauche mehr Schutz. Spundwände seien eine Möglichkeit. „Die Frage ist, wer soll es bezahlen.“ Der Politiker des Bürgerbündnisses Neue Perspektive (BBNP) fordert, dass Kreis und Land sich mit den betroffenen Kommunen zusammensetzen, um eine Lösung zu finden.

Unterstützung bekommt er vom Kreis-Bauernverband Ostholstein-Lübeck. Kreisvorsitzender Heinrich Mougin aus Grömitz beobachtet die Schäden durch das Wasser ebenfalls mit Sorge. Buhnen oder Steine als Wellenbrecher seien eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. „Warum sollte man das nicht machen?“, fragt er. Der Meeresspiegel steige, Starkregenereignisse nähmen zu. „Der Küstenschutz muss intensiviert werden – auch an der Steilküste. Es kann nicht sein, dass wir sie von der Ostsee ungehindert fressen lassen.“

Früher mehr Bäume gefällt?
Betroffene würden Schutzmaßnahmen begrüßen. „Früher wurden auch mehr Bäume gefällt“, meint ein Landwirt, dessen Flächen an die Küste grenzen. „Ein Baum hat eine Hebelwirkung, wenn er stürzt, reißt er große Stücke mit.“

Widerspruch gibt es seitens der Naturschützer. „Bäume sind Natur, ebenso wie der Sand“, meint Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des Naturschutzbundes BUND. Der Küstenabbruch sei ein natürlicher Prozess. „Natur zu verhindern, indem man Bäume fällt, macht keinen Sinn.“

 

Der Natur ihren Lauf lassen
Ähnlich sieht es Professor Christian Winter von der Arbeitsgruppe Küstengeologie und Sedimentologie an der Universität Kiel. „Küstenschutzmaßnahmen in gefährdeten Bereichen der Steilküste geben nur vermeintlich Sicherheit“, sagt er. „Das hält vielleicht ein paar Jahre oder ein Jahrzehnt.“

Letztlich gehe die Erosion darum herum aber weiter, so dass auch das gesicherte Stück irgendwann aufgegeben werden müsse. „Wo es geht, sollte man der Natur besser ihren Lauf lassen“, folgert er. Schließlich werde das weggebrochene Sediment entlang der Küste an die Strände gespült. „Da brauchen wir es auch.“

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Grund Klimawandel?
Ob der Klimawandel für Ereignisse wie die Sturmflut im Oktober und den Dauerregen verantwortlich sei, müsse sich erst zeigen, meint der Professor. Für endgültige Aussagen sei es diesbezüglich noch zu früh.

Das Land lässt unterdessen wissen, es sehe sich nicht in der Pflicht, die Steilküsten zu schützen. Laut Landeswassergesetz sei die Sicherung „in der Regel Aufgabe der Grundeigentümer“, teilt Carolin Wahnbaeck, Sprecherin des Kieler Umweltministeriums, mit. Ausnahmen gebe es in begründeten Fällen nur „für Siedlungen oder größere Sachwerte wie ein Wohnhaus“. Auch Maßnahmen wie Baumpflege seien an Steilufern nicht zulässig.

LN