Lübeck: Auf dem Priwall gibt es Cannabisprodukte aus dem Hasch-Automaten

Marius Pawlowski (34) hat auf dem Priwall einen Automaten mit Cannabis-Produkten aufgestellt. Alles legal, sagt er.

Travemünde. Sie stehen in Werkskantinen und Bahnhöfen: Automaten mit Süßwaren, Snacks und Getränken. Beliebt bei Arbeitnehmern und Reisenden, für den „schnellen Imbiss“ zwischendurch. In einem Münzautomaten auf dem Priwall können auch andere Muntermacher aus den Fächern gezogen werden. Ein Unternehmer aus Ahrensbök hat an seinem Haus einen Automaten mit Cannabisprodukten bestückt. Alles völlig legal, versichert er.

Neues „Genussmittelangebot“ im Waldweg

Die Wochenendhaussiedlung auf dem Priwall. Etwa 440 schnuckelige Häuser, die meisten davon als Feriendomizil genutzt, eine idyllische Lage am Ostseestrand. Die engen Straßen, eigentlich nur sandige Furten, heißen Seeweg, Waldweg, Sanddornweg, Muschelweg und Wellenschlag. Die kulinarischen Angebote sind seit der Schließung der Restaurants Porto und Priwall-Treff deutlich reduziert. Doch jetzt gibt es ein neues Angebot von Genussmitteln, kein kulinarisches, aber eines, das nach Konsum eine berauschende Wirkung erzielen kann.

Reichhaltiges Angebot: Für den LN-Fotografen hat Marius Pawlowski sein Sortiment aufgebaut.

Reichhaltiges Angebot: Für den LN-Fotografen hat Marius Pawlowski sein Sortiment aufgebaut.

Münzen einwerfen und Fach auswählen

Am Ende des Waldwegs, kurz vor der Grenze zu Mecklenburg, versteckt in einer dichten Hecke, aber öffentlich zugänglich, hat Marius Pawlowski aus Ahrensbök einen Automaten aufgestellt. In den Fächern liegen unter anderem Cannabis-Produkte, die er auch auf seiner Homepage anbietet. Passende Münzen einwerfen, Nummer des Fachs eintippen und schon fällt das gewünschte Produkt in einen Schacht und kann entnommen werden. Kaufkontor Kolonie GOA World nennt der 34-Jährige seine Firma, die ihre Produkte auch nach Hause liefert oder zum Abholen bereitstellt. HHC und CBD-Öl gehören ebenso dazu wie HHC-Blüten, eine „GOA-Trip-Edition“, geweihte Kerzen, künstlicher Urin, Vodoo-Figuren, HHC-Räucherware, eine „Mystery-Box“ als Gratisgeschenk und vieles mehr. HHC steht für Hexahydrocannabinol und ist eine synthetisch hergestellte Substanz aus der Cannabispflanze. CBD wird aus der weiblichen Hanfpflanze gewonnen und soll sich positiv auf das menschliche Wohlbefinden auswirken.

Geld einwerfen, Fachnummer wählen, und schon fällt das gewünschte Produkt in einen Schacht und kann entnommen werden.

Produkte werden auch im Netz angeboten

Auch über Ebay bietet Marius Pawlowski Produkte an, etwa eine „günstige Einsteiger-Waage für den täglichen Gebrauch“. Von den Käufern erhält er fast ausschließlich positive Bewertungen wie „Bin gerne zu weiteren Geschäften bereit“, „Alles da, alles wunderbar“ und „Einwandfreie Ware, empfehlenswert“.

HHC – das sagt das Bundesgesundheitsministerium

„Die Bundesregierung beobachtet generell das Auftreten neuer psychoaktiver Stoffe (NpS), die von den Akteuren des Drogenmarktes hergestellt und zu Missbrauchs-/Rauschzwecken in den Verkehr gebracht werden, aufmerksam. Da es sich hierbei um ein sehr dynamisches und nicht nur nationales Geschehen handelt, wirkt die Bundesregierung mit ihren europäischen Partnern und auch der Europäischen Beobachtungstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) zusammen. Bei NpS werden oft die bekannten chemischen Grundstrukturen synthetisch in einer Weise abgewandelt, dass die für Missbrauchs-/Rauschzwecke geeignete psychoaktive Wirkung erhalten bleibt oder sogar verstärkt wird, jedoch die bestehenden Regulierungen umgangen werden. Es handelt sich hierbei um bislang unbekannte oder aber bekannte, doch zuvor so nicht für Konsumierende zu Missbrauchs-/Rauschzwecken in Verkehr gebrachte Stoffe, von denen bereits eine große Zahl dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und dem Neue psychoaktive Stoffe Gesetz (NpSG) unterstellt ist.

Im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und des Einzelnen warnt die Bundesregierung vor dem Konsum von NpS, der mit unkalkulierbaren gesundheitlichen Gefahren verbunden ist. Die Bundesregierung schreibt die Anlagen des BtMG und die Anlage des NpSG regelmäßig in Bezug auf NpS fort. Vor diesem Hintergrund ist der Bundesregierung HHC als NpS bekannt, das derzeit einer entsprechenden Überprüfung unterzogen wird. HHC (Hexahydrocannabinol) ist ein halb-synthetisches Cannabinoid, das aus Cannabidiol synthetisiert wird. HHC und verwandte Stoffe stehen unter Beobachtung des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA).“

 

Cannabisprodukte über das Netz

Der gelernte Postbote, der sich vor einigen Jahren mit einem Tabakwarenladen selbstständig machte, hat kein Problem damit, Cannabisprodukte über das Netz und jetzt auch in einem Automaten anzubieten. „Alles im Sortiment ist legal, nichts davon ist verboten“, versichert er. Zudem helfe er mit den CBD-Produkten Menschen, die körperliche und seelische Beschwerden hätten und etwa an Stress oder Schlafstörungen litten. Und er sei sicher, dass die legale Substanz HHC im Zuge der geplanten Cannabis-Freigabe nicht verboten werde. Der Konsum von Cannabisprodukten müsse auch keinen Einstieg in härtere Drogen zur Folge haben. „Jeder Mensch muss sich selbst mit seinem Körper auseinandersetzen“. Dass er in der Vergangenheit mehrfach wegen angeblich illegalen Drogenhandels angezeigt wurde und Hausdurchsuchungen stattfanden, bei denen seine Ware beschlagnahmt wurde, stört ihn nicht. „Bis zum heutigen Tag gab es kein Strafverfahren gegen mich. Ich habe eine Rechtsschutzversicherung und einen Anwalt, der sich darum kümmert.“

Es gibt auch Angebote im Priwall-Headshop, etwa HHC-Blüten aus einer „Space Men“-Edition.

Deutliche Warnungen von der Suchthilfe

HHC gelte zwar nicht als Droge, werde jedoch durch gezielte Werbung als solche verkauft“, kritisiert Svea Niemann von der Suchthilfe der Diakonie Nord Nord Ost. Ein Missbrauch, wie etwa zusätzlicher Konsum von anderen Suchtstoffen, zum Beispiel Alkohol, sei nicht ungefährlich und könne diverse negative Folgen haben. Die Abgabe an Minderjährige sei oftmals überhaupt nicht gesichert, die Folgen für ein kindliches, vorpubertäres Hirn seien vehement und könnten irreversibel sein. THC-Konsum könne auch zu körperlicher und seelischer Abhängigkeit führen. Cannabis gelte nach wie vor als Einstiegsdroge und werde im Beratungs- und Behandlungskontext auch so von den Konsumenten als Einstieg angegeben.

Über die Risiken informieren

Im Fall des Automaten auf dem Priwall hält Svea Niemann es für dringend notwendig, über die Risiken zu informieren. „Er vermittelt einem Käufer ein falsches Bild, fördert Verharmlosung und ebnet Zugangswege, die in ihrem Ausmaß nicht zu kontrollieren sind.“ Auch müsse zumindest die Kontrolle gegeben sein, dass der Kauf erst ab 18 Jahren möglich ist.

LN