Lübeck. Sie sind schon seit mehr als einem Jahr auf der Suche. Aber es ist gar nicht so einfach, Schiffsführerinnen und Schiffsführer zu finden. Die Stadtwerke Lübeck (SWL) mobil haben in allen gängigen Jobportalen geworben, im Radio, in den sozialen Medien – nichts. Es will sich einfach niemand finden, der die Fußgänger- und Autofähren in Travemünde fahren will. Noch schlechter geht es privaten Unternehmen wie etwa der Quandt-Linie, die Ausflugsschifffahrten in der Hansestadt anbietet: Lübeck hat ein Kapitän-Problem.
Priwall-Fähre in Travemünde: In drei Jahren zum Schiffsführer
„In den nächsten drei Jahren brauchen wir mindestens fünf bis sechs neue Schiffsführerinnen und Schiffsführer“, sagt Sandra Wegener, Personalmanagerin bei SWL mobil. „Momentan haben wir 17 Schiffsführer für die beiden Autofähren und die Fußgängerfähre. Aber bald gehen einige davon in Rente.“
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Sandra Wegener, Personalmanagerin bei SWL mobil, sucht dringend Fachkräfte. © Quelle: Lutz Roeßler
Hauptsächlich geht es darum, die Fähren sicher über die 270 Meter lange Strecke bis zum Priwall und wieder zurück zu führen. „Es kann aber auch mal sein, dass man unten steht, die Fahrzeuge einweist und kassiert“, sagt Wegener
Als Quereinsteiger zum Schiffsführer in Travemünde
Natürlich freut sich die SWL mobil über Bewerber mit vorhandenem Binnen- oder Seepatent – es muss aber nicht sein. Ein abgeschlossenes Nautik-Studium ist ebenfalls nicht notwendig. Potenzielle Bewerber brauchen auch nicht so viel Erfahrung auf See wie Kapitän Torben Brenker, der 17 Jahre lang dicke Pötte auf den Weltmeeren umhergeschippert hat und nun der Leiter der Bereich Fähren in Lübeck ist. „Man kann die Ausbildung zum Schiffsführer auch innerhalb von drei Jahren bei uns machen“, sagt Brenker. „Quereinsteiger sind kein Problem, das Alter ist egal, und Vorkenntnisse werden auch nicht zwangsläufig gebraucht.“
Was allerdings gebraucht wird: Flexibilität, Durchsetzungsvermögen und ein hohes Maß an Verantwortung. „Man muss auch mal nachts arbeiten und hat nicht jedes Wochenende frei. Der Job ist anspruchsvoll“, sagt Brenker. „Alle zehn bis 15 Minuten muss man beim Anleger ein Manöver machen – und jedes Manöver ist anders. Der Wind, die Strömung: Es ist nicht leicht.“
Quandt-Linie Lübeck kann nur drei von acht Schiffen nutzen
Auch nicht leicht ist die Suche nach Schiffsführern für Ralf Quandt. Er ist Inhaber der Quandt-Linie in Lübeck, die bereits seit 1962 Ausflugsschifffahrten in der Hansestadt anbietet. „Ich habe sechs Fahrgastschiffe und dazu zwei in Reserve, kann aber nur drei der Schiffe nutzen“, sagt der 64-Jährige.
In Bildern: Schiffsführer gesucht! Lübeck braucht Kapitäne
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„Man muss auch mal nachts arbeiten und hat nicht jedes Wochenende frei. Der Job ist anspruchsvoll“, sagt Kapitän Torben Brenker (41), Leiter des Bereiches Fähren bei den Stadtwerken Lübeck mobill © Quelle: Lutz Roeßler
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Die Fußgänger- und Autofähren verbinden Travemünde mit dem Priwall. © Quelle: Lutz Roeßler
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Achtung, Vorfahrt! Weil die Priwallfähre die Trave kreuzt, haben alle anderen Vorfahrt: von der riesigen „Nils Holgersson“ bis zum Stand-Up-Paddler. © Quelle: Lutz Roeßler
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Auch die Quandt-Linie in Lübeck sucht händeringend nach Schiffsführern. © Quelle: Lutz Roeßler
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„Ich habe sechs Fahrgastschiffe und dazu zwei in Reserve, kann aber nur drei der Schiffe nutzen“, sagt Ralf Quandt (64), Inhaber der Quandt-Linie in Lübeck. © Quelle: Lutz Roeßler
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Eine von drei: Angela Wolter ist Schiffsführerin bei der Quandt-Linie in Lübeck. © Quelle: Lutz Roeßler
Früher hat er Touren von Lübeck nach Travemünde, von Travemünde nach Dassow im Landkreis Nordwestmecklenburg sowie Schleusenfahrten bis nach Güster im Kreis Herzogtum Lauenburg angeboten – heute muss er sich auf Stadtrundfahrten in Lübeck beschränken. „Das könnte man alles wiederbeleben, wenn man nur mehr Personal hätte“, sagt Quandt.
IHK Lübeck: Verwaltungsvorschriften verstärken den Fachkräftemangel
Doch bei privaten Schifffahrtsunternehmen ist die Suche nach Schiffsführern besonders schwierig. „Verwaltungsvorschriften und EU-Richtlinien haben die Einstellung von neuem Personal stark verkompliziert“, sagt Martin Krause, Referent für Standortpolitik der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lübeck, der von einem schleichenden Prozess der vergangenen zwei Jahrzehnte spricht. „Es müsste viel flexibler gestaltet sein. Eine regionale Sonderlösung für Lübeck wäre sehr wichtig.“
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Martin Krause, Referent für Standortpolitik bei der IHK Lübeck. © Quelle: Lutz Roeßler
„Es gibt kaum Bewerber, die die geforderte Qualifikation erfüllen“
Laut Ralf Quandt brauchen Schiffsführer, die auf seinen 24 Meter langen Ausflugsschiffen arbeiten, die Schifferpatente A und B. Aber: „Es gibt kaum Bewerber, die die geforderte Qualifikation erfüllen. Das Problem betrifft alle Schifffahrtsunternehmen in Lübeck“, sagt Quandt. „In den letzten zehn Jahren sind fünf meiner Schiffsführer in Rente gegangen und konnten nicht ersetzt werden. “
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Ralf Quandt, Inhaber Quandt-Linie in Lübeck, mit Schiffsführerin Angela Wolter. © Quelle: Lutz Roeßler
Drei Schiffsführer hat er noch, darunter ist Angela Wolter. „Wir bieten in der Hauptsaison 16 Stadtrundfahrten pro Tag an“, sagt die 61-Jährige. „Wenn auch nur einer mal krank ist, dann wird es schon sehr eng. Wir brauchen Verstärkung!“