Sonntagmorgen auf dem Grünstrand: Viele Schlafbesucher - wenig Müll

Ein kleines Protokoll: Um 5 Uhr, eine knappe Stunde vor Sonnenaufgang, ist es fast totenstill auf dem Areal. Nur ein paar Möwen kreisen kreischend über dem Strand. Etwa ein halbes Dutzend Zelte und Strandmuscheln stehen auf dem Rasen. Daneben schlummern, in Schlafsäcke oder Decken gehüllt, etwa 50 Strandbesucher. Auf den Tischen stehen noch die Reste des Abendessens. Eine Ratte huscht zwischen den Schlafenden herum, auf der Suche nach Essbarem. Auch direkt auf der Strandpromenade nächtigen Menschen in Schlafsäcken. Es war eine laue Sommernacht. „Nein, es ist nicht zu kalt“, ruft ein Frühaufsteher auf Frage des LN-Reporters. Zwei Männer sitzen auf der Promenade und singen in arabischer Sprache ein Morgengebet, leise, um die Schlafenden nicht zu stören.

Keine Vermüllung am Sonntagmorgen
Und das angebliche Vermüllungsproblem? Gibt es zumindest an diesem Sonntagmorgen nicht. Zwar sind die meisten Abfalleimer überfüllt, daneben stehen Müllsäcke, auch schon einmal Flaschen oder Pappkartons. Aber die Wiese ist mit kleinen Ausnahmen sauber. Allerdings liegt in einigen Ecken kotverschmiertes Papier. Entweder war der Weg zur öffentlichen Toilette auf der Wiese zu weit oder die Zeit hatte nicht mehr gereicht. Später kommen die Mitarbeiter des Kurbetriebs, leeren die Mülleimer und schaffen auch den anderen Unrat weg.
Sonntag, 5.45 Uhr: In der Mülltonne ist kein Platz mehr. Daneben liegen ein Abfallsack und eine kleine Menge verstreuter Müll.
Kein Polizeieinsatz am Sonnabend und in der Nacht
Ärger wegen Ruhestörung oder anderer Vorkommnisse gab es am Sonnabend und in der Nacht zu Sonntag auf dem Grünstrand übrigens nicht: Die Leitstelle der Polizei registrierte keinen einzigen Einsatz zwischen Kaiserallee und Strand.
Super-Sommer 2018: Es hagelte Beschwerden
Die Aufregung und der Ärger über den Grünstrand haben eine lange Geschichte. Im Juni 2017 hob der damalige Wirtschaftssenator Sven Schindler (SPD) das Grillverbot auf der Liegewiese auf. Seine Begründung: „Der Grünstrand ist zu einem Ort interkultureller Begegnungen und Lebensfreude geworden.“ Im Super-Sommer 2018 eskalierte die Situation: Pärchen, kleine Gruppen und Großfamilien trafen sich auf der Wiese, packten ihre mitgebrachten Grills aus und brutzelten, was die Holzkohle hergab. Es hagelte Beschwerden von Anwohnern der parallel verlaufenden Kaiserallee über Lärm und Geruchsbelästigung. Innensenator Ludger Hinsen (CDU) nahm das Thema mit in den Senat. Der Kurbetrieb erhielt von der Bürgerschaft den Auftrag, für 2019 ein Konzept für die Nutzung des Grünstrands zu entwickeln.
Am frühen Sonntagmorgen sind einige Bänke am Grünstrand noch von Schlafbesuchern belegt. Grünstrand am Sonntag
Neues Konzept: Grillen nur bis 21 Uhr erlaubt
Die Zahl der Grillplätze wurde von zwei auf sechs erhöht, das Grillen jedoch ausschließlich dort erlaubt. Zudem wurden neue Abfallbehälter installiert, ein Sanitärcontainer mit Möglichkeiten zum Geschirrspülen aufgebaut und ein Wachdienst engagiert, der die Einhaltung der Regeln kontrollieren sollte. Grillen war nur bis 21 Uhr erlaubt. Kurdirektor Kirchhoff damals: „Wir haben im Verlauf der Saison 2019 festgestellt, dass es durch die Umsetzung des Konzepts zu einer deutlichen Verbesserung der Situation auf der Liegewiese gekommen ist.“ Beschwerden von Anwohnern und Besuchern seien im Vergleich zum Vorjahr erheblich zurückgegangen. Der Sicherheitsdienst habe in allen Fällen auf friedlichem Weg das Unterlassen von regelwidrigem Verhalten erwirken können. Der Kurbetrieb habe deshalb der Politik vorgeschlagen, das Grill-Konzept in 2020 beizubehalten.
Innensenator Hinsen: „Vieles schlicht erlaubt“
2020 und 2021 wurde das Grillen auf dem Grünstrand wegen Corona verboten. Erst in diesem Jahr durfte wieder gebrutzelt werden. Doch es gibt erneut Beschwerden. Innensenator Ludger Hinsen (CDU) sagt, dass vieles von dem, was als Ordnungsverstöße angeführt werde, „schlicht erlaubt“ sei. Selbst entscheiden, welche Regeln künftig für den Grünstrand gelten sollen, möchte Hinsen jedoch nicht. Am 11. August trafen sich auf seine Einladung Vertreter von Polizei, Kurbetrieb, des kommunalen Ordnungsdiensts und der Lübecker Fraktionen. Noch in diesem Monat sollen Lösungsvorschläge für die Nutzung des Grünstrands erörtert werden. Einer möglichen Satzungsänderung müsste dann die Bürgerschaft zustimmen.