Sonniger Sonnabend: So sieht es wirklich am Grünstrand aus
7.15 Uhr: Travemünde erwacht langsam. Luft 26 Grad, Wasser 20 Grad, steht auf der Digitaluhr neben der DLRG-Wachstation. Ideale Startbedingungen also für einen Super-Sonnentag. Aus den Apartmenthäusern an der Kaiserallee kommen Rentner in Bademänteln zum Morgenschwimmen in der Ostsee. Auf dem Grünstrand stehen vier Strandmuscheln und ein Zelt nebeneinander. Davor sind Decken ausgebreitet, darauf die Reste der Mahlzeiten vom Freitagabend. Kinder liegen auf kleinen Matratzen im Sonnenlicht und schlafen noch. Ein Mann kommt aus einem Zelt, reckt sich und gähnt.
7.30 Uhr: Ein Mitarbeiter des Kurbetriebs ist mit Auto und Anhänger auf dem Grünstrand unterwegs, leert die vielen Mülltonnen. Etwa ein Dutzend Abfallsäcke liegen auf dem Hänger. "Das ist nur der Rest von der zweiten Fuhre", sagt er. Und: "Wenn nicht der Spätdienst gestern Abend schon das meiste eingesammelt hätte, sähe es heute Morgen hier anders aus." Er spricht die Familien an, die auf dem Strand übernachtet haben, erklärt ihnen, dass das Campen auf dem Grünstrand verboten sei. Einige haben Mühe, ihn zu verstehen. Zur gleichen Zeit sind auf dem Möwensteinparkplatz drei Familien mit ihren Autos (Kennzeichen HH, PI und RZ) angekommen. Sie packen die Kofferräume aus: Stapel von Decken, Grills, prallgefüllte Tüten und Taschen.
„Wenn es voll wird, gehen wir nach Hause“
8 Uhr: Eine Frau läuft auf der Promenade an den Strandmuscheln und Zelten vorbei, schimpft vor sich hin: "Das ist unmöglich hier." Ein älteres Ehepaar aus Travemünde, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat sich auf dem Grünstrand ein sonniges Plätzchen ausgesucht. "Wir kommen jeden Morgen hierher, zum Schwimmen. Aber immer wieder finden wir im Wasser zum Beispiel benutzte Windeln, das ist einfach ekelig." Wenn es auf der Liegewiese voll wird, gehen sie nach Hause. Am Wochenende sei es auf dem Grünstrand chaotisch. "Wir sind froh, wenn wieder Montag ist."
Parkplätze in Strandnähe schnell besetzt
10.30 Uhr: Es wird langsam voll am Grünstrand. Die schattigen Plätze unter den Bäumen sind bereits alle belegt, meistens von Gruppen mit bis zu 20 Personen. Grills stehen bereit, Wasserpfeifen werden ausgepackt. Um 11 Uhr ergattert eine Familie den letzten freien Parkplatz am Möwenstein. In fast allen Autos liegen hinter den Frontscheiben Tagestickets (vier Euro). Wenig später ist auch der Parkplatz an der Straße Backbord voll besetzt. Die ersten Strandbesucher parken ihre Autos auf der Kaiserallee zwischen Backbord und Bertlingstraße, im eingeschränkten und teilweise absoluten Halteverbot. Autos rollen jetzt aus allen Richtungen Richtung Strand.
Grünstrand fest in der Hand von Familien
11.30 Uhr: Auf dem Grünstrand liegt ein großes Schlauchboot mit Außenbordmotor. Wenig später schleppen vier Männer das Boot zum Strand, ziehen es ins Wasser und tuckern durch die Badezone zwischen planschenden Kindern hinaus auf die Ostsee. Der Grünstrand ist mittlerweile fest in der Hand von Familien. Aus einer Lautsprecherbox schallt orientalische Folkloremusik. Ein Mann tanzt, Frauen klatschen dazu. Fröhlich und friedlich, niemand stört sich daran. Um 12.30 Uhr fährt ein Polizeiauto durch die Kaiserallee – vorbei an den Falschparkern.
Am Nachmittag mehr als 1000 Besucher
15 Uhr: Jetzt ist auch die Kaiserallee linksseitig Richtung Möwenstein zugeparkt. Die Autos parken im eingeschränkten Halteverbot. Tickets hinter den Scheibenwischern: Fehlanzeige. Auch in den Nebenstraßen stehen Falschparker. In der Straße Backbord wird es bei Gegenverkehr eng, Fahrzeuge müssen teilweise auf den Gehweg ausweichen. Auch hier sind keine Strafzettel zu sehen. Auf dem Grünstrand tummeln sich mittlerweile geschätzt mehr als 1000 Menschen. Nach wie vor liegen die meisten im Schatten, in der Sonne ist es einfach zu heiß. Eine Frau hat einen Hund dabei, was auf der Liegewiese eigentlich nicht erlaubt ist. Der Vierbeiner liegt angeleint auf einer Decke. Ein Mann dagegen tobt mit seinem Hund auf dem Rasen. Zu stören scheint es niemanden.
„Drei Euro Strandgebühr – das ist ja krass“
15.30 Uhr: Zwei junge Frauen und zwei junge Männer haben es sich auf dem Rasen direkt an der Promenade gemütlich gemacht. Dass die Nutzung des Grünstrands ebenso wie die des Sandstrands drei Euro am Tag kostet, wussten sie nicht. "Das ist ja krass." Kontrolleure haben sie bisher nicht gesehen. "Aber wir sind ja Lübecker und müssen nicht bezahlen", freuen sie sich.
Keine Kontrollen wegen Personalmangels
16 Uhr: Wieder ist ein Mitarbeiter des Kurbetriebs mit einem Kleinlaster unterwegs, um die Mülltonnen zu leeren. Viel ist noch nicht drin: "Das kommt noch." Sein Dienst geht bis 19 Uhr. Am frühen Sonntagmorgen kommen Kollegen und räumen die Hinterlassenschaften der Besucher weg. "Das sieht dann ganz anders aus." Kontrolliert werde heute nicht, "weil wir nur zu zweit sind". Aber am Sonntag wieder.
Möwen warten auf ihre Mahlzeit
16.15 Uhr: Mittlerweile wird an etwa 20 Stellen kräftig gebrutzelt. Alle Grills stehen auf den ausgewiesenen Plätzen, mitunter vier oder fünf nebeneinander. In den Bäumen sitzen unzählige Möwen und kreischen. Sie warten darauf, dass auch für sie etwas von den Grillspezialitäten abfällt.
Obwohl es am Grünstrand durchgehend voll ist, bleibt die Stimmung entspannt. Konflikte gibt es nicht. So neigt sich der schönen Sommertag dem Ende entgegen. Ob es auch am Abend und in der Nacht so bleibt, wird sich zeigen.
Wie es am Sonntagmorgen auf dem Grünstrand aussah, lesen Sie ab Mittag auf LN-online.de und am Montag im E-Paper der LN.