Von Travemünde nach Lübeck – die letzte Fahrt der „Dresden“


      Dienstagrnorgen, gegen 7.30 Uhr. Auf der Rosenhof-Brücke herrscht geschäftiges Treiben. Dort hat sich eine größere Gruppe versammelt.Männer in Arbeitsmontur ımd mit Sicherheitshelmen, einige mit orangefarbenen Warn-westen, andere in ziviler Bekleidung. Eine Lagebesprechung ist anberaumt, denn der Fischkutter „ Dresden " , der seit Anfang Februar in sechs Metern Tiefe auf dem Grund der Trave liegt, soll von dem Schwiınmkran „Baltic Lift" aus Rostock gehoben werden.
      Jürgen Hock, Chef der Lübecker Firma Taucher Hock,erläutert Rosenhof -Geschäftsführer André Aue die Vorge-hensweise: „Zuerst müssen die beiden Hebegurte unter das Schiff gezogen werden. Wenn der Kran in der richtigen  Position ist, werden neue Ölsperren gelegt, damit beim Heben nichts in die Trave läuft." Doch gleich beim ersten Gurt gibt es Probleme. Er hat sich unter der „Dresden“ verhakt. Etwa eine halbe Stunde muss der Kranführer immer wieder am Stahlseil ziehen, dann ist es geschafft. Der zweite Gurt lässt sich dann ganz schnell unter das Schiff legen.
      Dann wird es spannend,denn der Motor des Krans kommt auf Touren, die Hebegurte spannen sich. Ganz langsam, fast wie von Zauberhand, kommt die „Dresden“ an die Oberflåche. Zuerst ist die Kajüte zu sehen, dann die Bordwände und da ist er: der Fischkutter, der mehr als fünf Monate auf dem Grund der Trave lag. Mit Muscheln über-sät, dunkelbraun und grau von Algen und Schlamm, fast unheimlich anzusehen. Sofort schießt Travewasser aus meh-reren Löchem im Rumpf und in den Bordwänden. Nach einer halben Stunde klettem Arbeiter auf die „Dresden ",einer versucht, die Kajütentür zu öffnen, die aber ist verschlossen. „Der Schlüssel liegt unter der Fußmatte ", ruft Jürgen Hock und alle lachen. Mit Brecheisen ımd Hammer wird die Tür geöffnet. Anschließend werden Pumpen ausgelegt. Ein Arbeiter wirft ein paar tote Fische, die in der Kajüte treiben, in die Trave. Nach einer Stunde purnpt die Lübecker Firma Bitunamel Feldmann die restlichen Schadstoffe aus dem Schiff.
      Um 13 Uhr ist es so weit: Wieder ganz langsam hebt der Kran die „Dresden“ an. Jetzt schwebt sie etwa einen halben Meter über der Wasseroberfläche. Mittlerweile sind ein Begleitschlepper und eirı Lotsenboot eingetroffen. Der Schwiınmkran „Baltic Lift" fährt rückwärts vom Anleger weg und nimmt dann mit dem Fischkutter in den GurtenmKurs auf Lübeck. Viele Zuschauer und Beteiligte an der Bergung filmen den Abschied des Schiffs aus Travemünde mit ihren Handys. Auf Kai 4 der Reederei Lelnnann in Lübeck-Siems wurden zuvor Planen ausgelegt und ein Sandbett hergerichtet - die letzte Ruhestätte der „Dresden". Wann mit der Abwrackung begonnen wird, kann Rosenhof-Geschäftsführer Aue noch nicht sagen. Zu den Kosten der Bergung wollte er keine Angaben machen.